Von 0 auf hundert in Prozession
Manchmal ist ein Wochenende wie ein ganzes Leben. Wir haben eine neue Stadt kennen gelernt, ein neues Hotel, einen kleinen Wochenmarkt, auf dem man frühstücken kann (das mochten wir sehr in Vien, Kassel, Paris und anderen Städten, welche wir besucht haben… und dachte nicht, das es dies auf den Philippinen gibt!), neue Kontakte und neue Restaurants (natürlich… Essen ist der Sex des Alters! Und so gesehen haben wir mächtig viel Sex im Alter…).
Doch das beeindruckendste war wirklich die Santo Niño Prozession in GenSan (General Santos), die südlichste Stadt der Philippinen, und für ihren Tunfisch bekannt. Santo Niño hat dabei nichts mit dem Wetterphänomen El Niño zu tun, sondern meint „das heilige Kind“, hier eine hoch verehrte Heiligenfigur.
Doch lassen wir erst mal Bilder sprechen…
Kurz zum Hintergrund: Nach Überlieferungen wurde diese Heiligenstatue von Magellan im 15. Jahrhundert auf die Philippinen gebracht. Naheliegenderweise nur eine, aber die hat sich dan vermehrt…
Und ein Kind dieses Kindes wird eben in GenSan verehrt. Einmal im Jahr (genauer: zweimal) wird Sie aus ihrem Schrein „befreit“, von einer kleinen Gruppe zu einem Fahrzeug getragen, dann einmal durch GenSan gekarrt (8 Km zu Fuß… Die Entfernung wurde mir vorher in Philippinischen Einheiten mitgeteilt, was so viel wie „4 oder 5 Km oder so“ bedeutet…), und dann wieder zurück in ihren Schrein getragen. Am 2. Tag wird das gleiche wiederholt, dann aber extreme prozessioning… Santo Niño wird dabei auf ein extra für diesen Anlas gebautes 15 mtr langes Amphibienfahrzeug gebracht, mit dem dann zu einem Schiff in der Bucht von GenSan gefahren/geschwommen, auf das Schiff gebracht, und dann werden die ersten Fischgründe von GenSan damit abgefahren… das ist abgefahren! Wer schon mal den Zissel in Kassel erlebt, hat… nur in Richtig! Ca. 300 Boote der 30 To Klasse, Waterskijets, kleine Boote, die Navy bilden eine Prozession über das Meer, Santo Niño auf dem Führungsboot vorneweg.
Wenn der schön dekorierte Handkarren oder das noch prächtiger geschmückte Amphibienfahrzeug zurück kommen, ist es die Hauptaufgabe der Einheimischen, ein paar Blumen der Dekoration zu ergattern. Sie glauben daran, dass diese Blumen heilende Kräfte für oder gegen alles haben, also auch z.B. gegen Misserfolg beim Fischen, schlechte Ehen, Fußpilz, unheilbare Krankheiten…
Es ist daher nicht mit einem Tumult im Westen der Erde zu vergleichen, wenn ein paar dutzend oder auch hunderte Fans mal versuchen, Madona oder Keith Richard nach einem Konzert zu berühren. Es geht Ihnen bei dem Ergattern der Blumen(-reste) oft um das pure Leben.
Mit dem Hintergrund stellt euch bitte vor, wie tausende von Menschen probieren, etwas von diesem Blumenschmuck abzubekommen oder einmal die Füße der Heiligenfigur zu berühren.
Und nun stellt euch mir inmitten dieser Menschen vor. Ein Freund aus unserer Rotarier-familie ist maßgeblich am Aufbau der Tunfisch-Industrie in GenSan beteiligt (genauer: Seine ganze Familie). Er ist es, welcher Santo Niño 2 x aus dem Schrein befreit, zu seinem Prozessionsfahrzeug trägt, und danach wieder zurück in seinen Schrein trägt. Und ich durfte die ganze Zeit mit Ihm verbringen, und war so nicht dichte dabei, sondern im Zentrum des Geschehens. Inklusive Amphibienboot, Führungsboot, Verteidigen der Heiligenfigur…
Dazu gab es dann auch noch einen Generatorausfall, was die Prozession sehr leise machte… zumindest am Anfang, bis ein reparierter und 2 neue Generatoren herangekarrt waren… da wünschte ich mir dann die Ruhe des ersten Teils zurück…
Viel zu viel um alles zu beschreiben. Dabei sein ist alles.